Er spreizt die Beine und ist ganz entspannt. Der Mann neben mir scheint sich wohl zu fühlen. Ich mich überhaupt nicht. Denn es ist eng.
Der Flug LH 202 ist ausgebucht. Eineinhalb Meter Abstand? Keine Chance. Alle müssen zwar Masken tragen. Auf der Mittelarmlehne kämpfen wir aber um jeden Zentimeter Armfreiheit. Beim Einsteigen mussten wir Abstände einhalten. Warum gelten die Abstandsregeln aber nicht auch in den Flugzeugen?

Die Lufthansa selbst will auf Anfrage von SWR3 nichts dazu sagen und verweist auf den Verband der Luftverkehrswirtschaft.
Filter sollen der Luft Bakterien entziehen
Die Kabinenluft an Bord wird mit sehr hochwertigen Filtern ständig gereinigt. Diese Filter entziehen der Luft auch Bakterien und Viren. Das haben wir in anderen Verkehrsmitteln nicht.
Diese sogenannten HEPA-Filter seien in allen großen Maschinen Standard, schreibt Airbus auf Anfrage von SWR3. Alle zwei bis drei Minuten werde die Luft an Bord komplett ausgetauscht und sei so sauber wie in Operationssälen.
Thomas Hillebrand aus der SWR3-Wissenschaftsredaktion findet aber, dass der Vergleich zwischen Flugzeug und OP-Saal hinkt. Denn die Luft strömt zwar aus der Kabinendecke und wird am Boden wieder abgesaugt und sorgt so für einen stetigen Luftstrom – wie in einem Operationssaal – ABER: Ein typischer Operationssaal ist etwa 50 Quadratmeter groß und 3 Meter hoch, hat also 150 Kubikmeter Raum, in denen das OP-Team mit Mundschutz am Patienten arbeitet, also etwa 8 bis 10 Menschen.
150 Kubikmeter ist etwa auch der Rauminhalt der Kabine eines typischen Ferienfliegers. Da sitzen dann aber 150, 160 oder noch mehr Menschen drin, plus Besatzung, dicht nebeneinander – und sprechen miteinander und nehmen zum Essen und Trinken die Masken ab. Ein Chirug ist im OP in Sachen Mund- Nasenschutz wohl diszipliniert.
Trotz Corona: Wenn ein Flug gut gebucht ist, darf es eng werden
Wichtiger als der Abstand an Bord ist also in Zeiten von Corona die Maskenpflicht. Vermutlich erwähnt Matthias von Randow sie deshalb so oft in unserem Gespräch. Was er nicht so oft erwähnt: Fluglinien haben natürlich ein Interesse daran, möglichst viele Tickets zu verkaufen. Luftfahrt-Experte Cord Schellenberg sagt dazu:
Drei Viertel der Plätze müssen belegt sein, damit eine Fluggesellschaft den ersten Euro verdienen kann.
Wenn ein Flug also gut gebucht ist, kann und darf es eng werden. Denn es gibt kein Verbot, dass alle Plätze in einem Flugzeug verkauft werden dürfen. So wie auf meinem Flug.

„Einen Tod muss man sterben“
Daniel Flohr ist selbst Flugbegleiter und Chef der der Flugbegleiter-Gewerkschaft.
Natürlich geht niemand gerade besonders beschwingt an die Arbeit und sagt: 'Mensch, das ist ja eine besonders gefahrlose Situation, in der ich mich gerade befinde.' […] Wir hängen tatsächlich auch alle an unserem Job – einen Tod muss man sterben, wie man so schön sagt. Dann ist es eben dieser.
Laut einer Untersuchung des Dachverbands der Fluggesellschaften (IATA), sind übrigens noch keine Infektionen unter Passagieren bekannt.
SWR3-Wirtschaftsredakteur Hillebrand verweist auf das Robert-Koch-Institut. Dieses geht davon aus, dass es in Flugzeugen zu einer Ansteckung kommen kann, auch wenn die Wahrscheinlichkeit noch eher gering zu sein scheint. Dies könne man aber, so heißt es, abschließend noch nicht bewerten.
Es gibt immerhin bereits dokumentierte Fälle zur Virus-Übertragung im Flugzeug. Ende März hat zum Beispiel ein coronainfizierter Passagier bei einem Fünf-Stunden-Flug von Singapur in die chinesische Stadt Hangzhou nachweislich zwölf Mitreisende angesteckt. Letztendlich muss es also jeder selbst entscheiden, ob ihm der Strandurlaub auf Mallorca oder ein Städtetrip wichtig genug sind, um das Risiko einzugehen.